Bye Bye Social Projekt „BADR“

Seit meiner Studienzeit in Marokko kenne ich meinen Nachbarsjungen Badr. Damals war er noch nicht einmal in der ersten Klasse. Als die Schule anfing habe ich ihn während der Schulzeit auf dem Souk entdeckt, er hat Plastiktüten verkauft. Auf die Frage hin, warum er denn nicht in der Schule sei, habe ich die Antwort bekommen, dass der Lehrer ihn geschlagen hätte. Ja, das kommt leider noch in Marokko vor. Die Mutter ist Putzfrau und mit einer kleinen Tochter mehr als gefordert. Der Vater ist Parkplatzwächter. Keiner bekommt mit ob der Junge in der Schule ist oder nicht. In solchen Situationen denke ich oft an die eigene Geschichte. Mir hat Schule immer sehr viel Spass gemacht, ich wollte viel wissen, war interessiert, ich war gut … ich war somit in einem positiven Kreislauf drin. Kein Lehrer hat mich jemals geschlagen, Schulbücher gab es von der Schule aus, Nachmittags war ich im Musikverein, Sportverein etc. Kurzum, ich bin wie die meisten Deutschen sehr wohlbehütet aufgewachsen. Hier lag eine komplett andere Situation vor. Wer bereits als Kind den Anschluss verliert, landet früher oder später auf der Strasse. Das Viertel mit den „Kleberschnüffelnden“ Kinder ist nicht weit weg, die falschen Kontakte im falschen Alter können sehr einfach einen falschen Weg vorgeben. Ich kann die Welt nicht retten, doch jeder kann vor der eigenen Haustür kehren. Das hier spielte sich sozusagen vor meiner Haustüre ab.

Und verkörpert sehr viel. Es ist einfach Kinder in die Welt zu setzen, doch heißt es auch Verantwortung zu übernehmen und den Kindern die bestmöglichste Basis für eine gute Zukunft zu geben. Deutsches Denken? Mmh, Jein, es kommt auch in Marokko in den meisten Fällen darauf an, wie gebildet bzw. weitblickend die Eltern sind. Im vorliegenden Fall haben beide Elternteile kaum bis keine Bildung und es geht einfach um das tägliche Überleben. Es wird hauptsächlich an heute gedacht, etwas mehr an morgen aber nicht an übermorgen.

Der Junge ist mir ans Herz gewachsen und ich machte mich kundig nach Privatschulen. Diese holen nämlich die Schüler jeden morgen mit einem Schulbus ab. Für knapp 80 Euro monatlich habe ich eine solche Schule in nicht ganz so weiter Entfernung gefunden. Ein weiterer Vorteil wäre, dass Badr Französisch lernen würde als auch Englisch und einfach in einem anderen sozialen Umfeld unterwegs sein würde. Auch ich komme nicht aus einer Akademikerfamilie, aber mein Durst nach Wissen, meine sehr guten Noten brachten mich auf direkten Wege ins Gymnasium, wo ich ebenfalls mit „Akademikerkindern“ zu tun hatte und auch hier an vorderster Front mitspielte. Es hat viel mit dem eigenen Umfeld zu tun, wenn der Wissensdurst nicht von selbst vorhanden ist. Bei Badr stimmte das Umfeld nicht und der Wissensdurst und die Frage nach dem „Warum“ habe ich auch sonderlich nicht bemerkt. In der Hoffnung, dass die Privatschule ihm in vielerlei Hinsicht eine gute Basis gibt, habe ich ihn angemeldet. Hier in Marokko sind es Ganztagesschulen, somit wird er auch tagsüber von der Strasse weg sein.

Doch schnell merkte ich, dass auch ich finanziell überfordert war, arbeitete ich zu derzeit noch zu einem sehr kleinem Gehalt bei diesem Startup, allerdings als selbstständige Person. Das Geld hat gerade für Marokko gereicht, kurzum, es waren 1000 Euro monatlich, allerdings brutto. Für ich war es ok, da es immer hieß, wenn das neue Fahrzeug auf den Markt kommt, dann wird alles anders…damals war es für 2014 angedeutet … in einem anderen Blogartikel gehe ich deutlicher darauf ein, warum ich immer noch in Marokko bin. Aber die Kurzformel ist, dass das Fahrzeug noch immer nicht auf dem Markt ist.

Zurück zu Badr. Ein befreundeter TWIKE Pilot während seines Besuches in Marokko auf den Fall aufmerksam geworden und hat angeboten mich zu unterstützen. Aus dieser Unterstützung für die Schule wurde auch eine Unterstützung für die Familie. Mehrfach kam TWIKE Pilot R. mit seinem eigenen speziellen Fahrzeug von Deutschland nach Marokko mit seiner Freundin und brachte immer wieder nützliches für die Familie mit.

Während ich noch Nachbarin war konnte ich mich noch etwas mehr um Badr kümmern. Neben Hausaufgaben ihm auch andere Dinge beibringen. Nein, Müll sollte man nicht einfach auf die Strasse werfen und ja, die liebe Hundeproblematik. Ich nahm Badr immer mehr mit wenn ich mit dem TWIKE unterwegs war. Er kannte einfach nichts, weder den Strand, noch die Berge und war auch noch nie in einem größeren Kaufhaus. Alles Neuland und ich wollte ihm die Augen öffnen, dass mit einer guten Schulbildung theoretisch die Möglichkeit besteht auch das Leben ausserhalb seines Viertels kennenzulernen. Im TWIKE sind auch meine Hunde, am Anfang gab es nur BAYDA. Fast alle Kinder haben Angst vor Hunde, doch nach einiger Zeit schloß Badr nicht nur Freundschaft, sondern kümmerte sich mit Leidenschaft um alle Strassenhunde, welche in unserem Viertel rumliefen. Auch versuchte ich ihn mit dem Sport in Verbindung zu bringen. Viele Kinder hier, welche direkt am Meer wohnen können nicht Schwimmen. Ein Schwimmkurs wurde organisiert. Beim grünen Marathon von Agadir durfte Badr ebenfalls die Ambiente genießen, und da fand er seinen ersten Welpen. Er suchte die Mutter, doch fand diese nicht. Im Endeffekt nahm er den Welpen mit nach Hause…dieser wurde größer und ja, wie das so in den meisten Familien ist, ist der Welpe noch süß, aber ein größerer Hund ist dann nicht mehr tauglich. Erstmal Hut ab, dass die Familie überhaupt den Welpen geduldet hat, was in einem muslimischen Haushalt relativ unüblich ist. Kurzum, der Hund brauchte ein Zuhause, und eine Bekannte vermittelte diesen nach England. Badr hat auf jeden Fall sein Herz auf dem richtigen Fleck.

Wie es nun zu diesem Bruch kam, warum ich seinen Hund SOUKI habe etc. ….das erfahrt Ihr hier zeitnah.

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