Was für eine Nacht. Die Gedanken kreisten um das am Vortag gesichtete weisse Fellknäuel. Beim Frühstück werden nochmals verschiedene Optionen durchgesprochen. Schlussendlich brechen wir auf, um uns 20km rückwärts zu bewegen, nämlich genau an die Stelle, an der wir am Vortag das Knäuel zurückgelassen haben.
Wir lassen es uns zuvor jedoch nicht nehmen, ein nahenahegelegenes Ouad elektrisch zu entdecken. Wir sind nicht die einzigen:
Die scheinbar unendliche Weite ist ein Genuss für unsere Augen. Wir geniessen sehr die farbliche Kombination aus Wüste und Wasser. Nichtsdestotrotz entreissen wir uns dieser Schönheit, schliesslich haben wir noch „Großes“ vor.
Angekommen in Tan Tan trennen uns nicht mehr als einen Kilometer von dem gestrigen Militärkontrollpunkt, wo vielleicht die kurze weiße Bekannschaft von gestern noch auf uns wartet…Habe ich mir alles gut durch den Kopf gehen lassen? Es geht um eine mögliche Adaption eines marokkanischen Hundes, welcher uns gestern während der Kontrolle aufgefallen ist. Dieser schöne weisse verspielte Hund ist an dieser Stelle defnitiv fehl am Platz. An jeder Militär-bzw. Polizeikontrolle sind Strassenhunde aufzufinden, da hier schließlich die Möglichkeit besteht durch anhaltende Fahrzeuge an Essen zu kommen. Doch dieser Hund ist seinem Aussehen und Verhalten entsprechend noch nicht lange auf der Strasse, auch hat er ein Halsband um. Ob er wohl ein Herrchen und zuHause hat? Aber warum ist er dann bei diesem Militärposten? Wird er überhaupt noch dort sein? Und falls ja, was dann? Mitnehmen auf die Reise und mit zurück nach Agadir? Erstes Problem: Wir sind bis oben hin mit Gepäck vollbeladen. Es musste ja unbedingt alles von Zelt bis zu einem Schlauchboot mitgenommen werden. Wenn TWIKE Tour dann richtig. Zweites Problem: Die Zeltvariante war nur als Option gedacht, auf Dauercamping sind wir nicht eingerichtet. Aber Hund und Hotel schliesst sich in Marokko meistens aus. Direktes Problem: Wie bekommt man einen fremden Hund in ein vollgepacktes TWIKE? Weiteres Problem: Was wenn das Zusammenleben nicht klappt? Auf der Rückfahrt wieder an gleicher Stelle zurücklassen?
Ein Hund zu adoptieren ist keine leichte Frage. Der Hund ist uns gestern noch sehr jung vorgekommen. Theoretisch muss auch die Frage gestellt werden, wie meine Lebensweise in 3, 5 oder 10 Jahren aussieht. Fragen, welche ich zum derzeiten Moment nicht beantworten kann. Eines ist jedoch klar. Einen aufgenommenen Hund könnte ich nicht mehr hergeben.
Mmh, ok, wir halten nochmals an einem kleinen Cafe zur letzten Besprechung. Mehrmals sind wir mögliche Bedenken durchgegangen…und sind vorerst mit folgendem Entschluss verblieben:
Als erstes brauchen wir etwas Nahrung für den Hund. Er scheint ausgehungert zu sein, und Nahrung würde einer mögliche Mitnahme im Fahrzeug erleichtern. Anschliessend würden wir erstmal zum Militärposten fahren, ob er überhaupt noch dort aufzufinden ist. Falls ja, heisst es Vertrauen aufzubauen und nochmals insichzugehen…also, es geht los.
Wir kommen an. Es ist eine neue Gruppe an Militär am Posten, welche uns bereits misstrauisch beäugen. Sie können es wahrscheinlich nicht verstehen, warum wir nicht direkt zu Ihnen fahren, zwecks Passkontrolle. Wir stehen etwas abseits auf einem kleinen Parkplatz mit suchenden Augen nach dem Hund. Wir sehen ihn nicht und steigen aus. Nun kommt bereits ein Militärmensch auf uns zu. Wir erklären unser Anliegen nach der Suche nach einem weissen Hund. Auf unsere Frage hin, ob er diesen heute bereits gesichtet hätte verneinte er jedoch.
War somit alle Aufregung umsonst gewesen? Und dann sehe ich das Objekt der Begierde. Ganz unscheinbar und gut getarnt liegt der Hund nicht weit von uns. Als wir ihm Beachtung schenken, fängt er heftig an mit dem Schwanz zu wedeln. Jetzt ist unsere Essensreserve gefragt. Es wird gestreichelt, gefüttert und gespielt. Die Entscheidung ist bereits für diesen Hund gefallen. Wenn da nur nicht dieses Halsband wäre…würden wir diesen Hund jemanden wegnehmen? Für das Militär sind wir eine Belustigung und bestimmt ein seltener Anblick. Sie kommen herrüber und auf unsere Bedenken hin, dass der Hund jemand gehören könnte winken Sie ab. Er sei wohl bereits mehrere Tage hier…
Ok, dann mal los. Wir marschieren erst mal einige Meter. Er kommt mit, läuft aber auch immer wieder eigene Wege…das Verfahren stellt sich als nicht ganz so einfach heraus. Wir marschieren weiter um anschliessend zum Fahrzeug zurückzukehren. Vorausdenkend haben wir das Fahrzeug zuvor leergeräumt, so dass der Hund hinten auf der Rückbank vorerst Platz finden kann.
Es ist nicht einfach, doch zu zweit schaffen wir es. Seltsames Gefühl. Der Hund geniesst jedoch die Fahrt und beruhigt sich relativ schnell. Die Fahrt verbringt er mit der Schnauze aus dem Beifahrerfenster gestreckt.
Wir kommen an unserer Unterkunft aus. Ein Campingplatz mit Zimmern. Die Chefin, eine sehr nette Französin, haben wir bereits vorgewarnt und es war kein Problem das wir den Hund mitbrachten. Neugierig wird er beäugt. Wir fahren auf den Platz und dem Hund wird ein schönes Schatteneckchen eingerichtet nachdem er sich sein neues Revier erschnüffelt hatte.
Wir beschlossen eine weitere Nacht hier zu verbringen. Wer weiss welche Unterkunftsmöglichkeiten uns morgen mit dem Hund erwarten werden. Und dieser Platz erscheint uns für den Hund gerade zu perfekt und auch wir fühlen uns sehr wohl.
Fortsetzung folgt.